Die Redaktionsräume sind leer. Für Journalisten, die es gewohnt sind, in einem lebhaften, manchmal auch hektischen Umfeld zu arbeiten, ist das die größte Umstellung. Seit Montag, 16. März 2020, arbeitet die gesamte Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Homeoffice – also inzwischen fast ein ganzes Jahr. Im Newsroom im Neven DuMont Haus an der Amsterdamer Straße verbleiben nur diejenigen, deren Tätigkeit aus dem Homeoffice unmöglich ausgeübt werden kann, weil sie komplizierte Technik brauchen, die zu Hause nicht installiert werden kann: Planungsredakteurinnen, Digitalsteuerer, Ressortleiter und -leiterinnen, auch die Chefredaktion ist immer vor Ort. Alle anderen Kollegen recherchieren, telefonieren und schreiben ihre Texte seitdem von zu Hause.
Blick hinter die Kulissen
Wie wählen Redaktionen aus, was ist für Leser wichtig? Wie entstehen Beiträge in der Qualität, die Sie von uns gewohnt sind? Mit FORUM BLAU - REDAKTION LIVE werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen unserer Redaktionen: Sie erfahren, die Geschichten hinter den Geschichten, begleiten Autoren und Redakteure bei der Arbeit, nehmen Teil an Redaktionskonferenzen und erleben bei Hausführungen, wie vielfältig unsere Redaktionen arbeiten und wie die Zeitung gedruckt wird. Unsere Journalisten stellen sich Ihren Fragen, und in regelmäßigen Foren und Talks können Sie sich informieren, diskutieren und eine fundierte Meinung bilden. Aktuell, exklusiv, erlebnisreich. Ob Print oder digital, wir lassen Sie hinter die Kulissen schauen. Seien Sie dabei!
Aufgrund der Auswirkungen der CORONA PANDEMIE wurden, als reine Vorsichtsmaßnahme, derzeit alle Führungen durch das Neven DuMont Haus und die Druckerei für das Restjahr 2021 abgesagt. Wir bitten auch in Ihrem eigenen Interesse um Verständnis. Sobald es neue Termine gibt, werden wir Sie selbstverständlich informieren.
Wir haben für sie digitale oder auch hybrid Veranstaltung und Insights hier für Sie zusammengestellt. Wenn Sie weiter Vorschläge für digitale Redaktions-Veranstaltungen haben, schreiben sie uns an vorteilswelt@kstamedien.de.
Ein Jahr Corona-Krise So arbeitet der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der Pandemie

Sarah Brasack, stellvertretende Chefredakteurin, mit Chefredakteur Carsten Fiedler im leeren Newsroom der Redaktion: Seit einem Jahr sind fast sämtliche Schreibtische verwaist. Bis auf einen winzigen Kern arbeiten alle im Homeoffice. Foto: Peter Rakoczy

Konferenz: Digitalchef Martin Dowideit und Politikchef Wolfgang Wagner. Foto: Stefan Worring
Wort „Coronavirus“ taucht zum ersten Mal am 12. Januar im „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf
Wie für unendlich viele Menschen auf der Welt ändert die beginnende Corona-Pandemie im März 2020 auch das Arbeitsumfeld für uns – und zwar in rasantem Tempo und ohne jede Vorwarnung. Doch schon in den Wochen zuvor hat sich etwas verändert in der Redaktion: Am 12. Januar findet das Wort „Coronavirus“ erstmals den Weg in den „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Toter durch mysteriöse Krankheit“ heißt die Meldung aus Wuhan, die auf der Panoramaseite erscheint. Darin auch der optimistische Satz: „Eine Ansteckung unter Menschen ist bislang nicht nachgewiesen worden.“
Das wird sich bekanntlich bald grundlegend ändern. Auch wenn im Rheinland noch fröhlich Karneval gefeiert wird – die Fachleute, vor allem in den Kliniken, sind längst alarmiert. Als der 1. FC Köln am 11. März das erste Geisterspiel der Fußball-Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach absolviert, arbeiten viele Redakteurinnen und Redakteure schon aus dem Homeoffice – das Brauhaus Gaffel am Dom dagegen ist noch gut voll.
Erstes Todesopfer in Köln
Vier Tage später stirbt Marianne Bystron im Kalker Krankenhaus, sie wird als erstes Kölner Covid-19-Opfer in die Lokalgeschichte eingehen. Mit dem ersten Lockdown, der am 23. März in Kraft tritt, steht das Leben in der Stadt still. Und auch für die Redaktion hat sich inzwischen alles geändert. Fast alle Themen, über die eine Zeitung bislang berichtet hat, fallen weg. Nach den ersten Geisterspielen gibt es bald weltweit gar keinen Profisport mehr, über den eine Sportredaktion berichten könnte. Auch die Kultur fällt komplett aus. Politik wird ausnahmslos zur Corona-Krisen-Politik.
Dafür gehen in der Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Hunderte Mails und Anrufe mit Hilferufen ein: Gastronomen melden sich, Künstlerinnen, Messebauer und Veranstalter, wir sprechen mit Pflegerinnen, Ärzten, Erzieherinnen und Lehrerinnen, Obdachlosen und Unternehmern – und vor allem immer wieder mit besorgten Bürgerinnen und Bürgern.
Um Fragen gebündelt zu beantworten, entscheidet die Chefredaktion schnell, eine Expertenseite einzurichten, auf der Spezialisten aus der Uniklinik, dem Gesundheitsamt, der Stadtverwaltung und anderen wichtigen Bereichen fast täglich Leserfragen beantworten. Die Seite gibt es bis heute – selten haben wir zu einer Rubrik mehr positives Feedback erhalten.
Coronavirus dominiert digitale Berichterstattung
Bereits am 26. Januar hat die Digitalredaktion einen neuen Artikel erstellt, er heißt: Newsblog zum Coronavirus. Kaum jemand ahnt damals, welche Tragweite er haben wird. Rund ein Jahr später hat der Artikel fast 14.000 Einträge, Updates und Bearbeitungen und ist zu einem der meistgeklickten Artikel auf ksta.de überhaupt geworden. Täglich gibt es Neues zu Zahlen, Maßnahmen und Beschlüssen. Sieben weitere News-blogs zum Coronavirus gibt es heute, um auch die Lage speziell in Köln, NRW und den Kreisen rund um Köln darzustellen.
Hunderte weitere Artikel zu Corona – von der Regel-Übersicht über Porträts von Corona-Betroffenen bis Tipps zu Restaurants mit Lieferservice – sind online aufrufbar. Die Redaktion etabliert Podcasts wie „Die Wochentester“, aber auch Video-Livestreams als digitale Formate mit Fokus auf Corona.
Hinter den Kulissen - Redaktionsarbeit in Corona-Zeiten
Wie ihre Zeitung im Mobile Office entsteht
Das Coronavirus verändert auch unsere Arbeitsweise radikal. Was bedeutet das für die einzelnen Teams bei DuMont? Wie organisieren sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wie läuft es im Mobile Office? Wie sind die neuen Abläufe im Neven DuMont Haus? In einer neuen Serie beschreiben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedensten Bereichen, welche Auswirkungen die neue Situation mit sich bringt.
Man fällt sich nicht ins Wort in der Lokalredaktion des "Kölner Stadt-Anzeiger" und Kölnische Rundschau. In Konferenzen spricht eine Kollegin oder ein Kollege, alle anderen hören zu. Anders funktionieren unsere Internet-Konferenzen nicht. "Funkdisziplin" heißt das Gebot der Stunde - gerade dann, wenn man eben nicht im Konferenzraum zusammensitzt. Denn wie viele Kölner Unternehmen hat auch das Verlagshaus DuMont einen Großteil seiner Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Und so entsteht der "Kölner Stadt-Anzeiger" zur Zeit unter völlig neuen Bedingungen - die allermeisten Kollegen sitzen nicht mehr in der Redaktion, sondern arbeiten aus ihren Privatwohnungen heraus.
Und so ist eben auch unser Konferenzraum in diesen Tagen ein virtueller: Nachdem sich zuvor bereits die Chefredaktion und die Ressortleiter der anderen Ressorts via Skype-Konferenz über die Themen des Tages abgestimmt haben, schaltet sich auch die Lokalredaktion täglich zu einer digitalen Konferenz zusammen und plant gemeinsam die aktuellen Schwerpunkte. Dabei steht zunächst die zeitnahe digitale Veröffentlichung im Vordergrund, während die Printausgabe des nächsten Tages erst im Laufe des Nachmittags Form annimmt. Die Redakteure im Team von Lokalchef Christian Hümmeler schildern ihre Beobachtungen, machen Vorschläge, verändern und verwerfen Ideen, lassen neue entstehen.


Man fällt sich nicht ins Wort in der Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“. In Konferenzen spricht eine Kollegin oder ein Kollege, alle anderen hören zu. Anders funktionieren Internet-Konferenzen nicht. „Funkdisziplin“ heißt das Gebot der Stunde. Seit gut zwei Wochen. Denn wie viele Kölner Unternehmen hat auch das Verlagshaus DuMont einen Großteil seiner Mitarbeiter ins Home-Office geschickt. Und so entsteht der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur Zeit unter völlig neuen Bedingungen – denn die allermeisten Kollegen sitzen nicht mehr in den Redaktionsräumen an der Amsterdamer Straße, sondern arbeiten aus ihren Privatwohnungen heraus.




Interview mit Timur Kaleli, stellvertretender Schichtleiter in der Weiterverarbeitung im Druckzentrum zur veränderten Arbeitssituation seit Corona
Corona hat auch bei uns im Druckzentrum fast alles verändert – vor allem natürlich unsere Arbeitsweise. Logischerweise konnten wir nicht alle ins Homeoffice wechseln. Deshalb haben wir hier vor Ort alles so organisiert, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten.
Die wichtigste Maßnahme war meiner Meinung nach, dass wir größere Menschenansammlungen nicht mehr zulassen. Konkret betrifft das die Pausenräume und Raucherecke. Früher saßen hier gerne mal fünf bis zehn Kollegen zusammen und haben gemeinsam Pause gemacht. Natürlich ist das wichtig für das Betriebsklima. Aber im Moment müssen wir darauf verzichten.
Außerdem haben wir unsere Schichteinteilung etwas angepasst. Es gibt jetzt keine persönlichen Übergaben zwischen den Mitarbeitern mehr. Ich nenne ein konkretes Beispiel: Der Frühdienst arbeitet bei uns von sechs Uhr bis 13 Uhr, die Kollegen der Spätschicht starten um 13 Uhr. Seit Corona geht der Frühdienst ein paar Minuten früher und der Spätdienst beginnt etwas später. So erreichen wir, dass die Druckhalle für einen Zeitraum von ungefähr 30 Minuten komplett leer ist und sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Schichten nicht mehr über den Weg laufen. Gleiches Vorgehen haben wir für den Übergang von Spät- zu Nachtschicht und von Nacht- zu Frühschicht organisiert. Hier sind wir sehr dankbar, dass das Unternehmen uns entgegengekommen ist und uns dieses Vorgehen ermöglicht. Aber letztlich ist es ja in unserer aller Sinne, dass wir gesund bleiben.
Die übrigen Vorschriften haben wir sowieso recht schnell umgesetzt. Wo nötig, arbeiten alle mit Atemschutzmaske, die wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Der Mindestabstand von 1,50 Metern wird eingehalten. Die Kolleginnen und Kollegen werden angehalten, die Hygienerichtlinie zu beachten. Überall steht Desinfektionsmittel bereit. Grundsätzlich haben wirklich alle diese Regeln sehr schnell und verantwortungsvoll umgesetzt.
Die Stimmung im Druckzentrum hat sich in den vergangenen Wochen geändert. Am Anfang waren die Menschen hier natürlich verunsichert und auch verängstigt. Was müssen wir jetzt tun? Wie können wir weiterarbeiten? Was ist mit unseren Jobs? Es ist klar, dass diese Fragen zunächst aufgekommen sind.

Die Geschäftsführung hat versucht, in offenen und ehrlichen Gesprächen die Situation zu erläutern und soweit wie möglich auch die Ängste zu nehmen. Mittlerweile hat sich das sehr gut eingespielt. Ich habe den Eindruck, dass trotz alle Abstandsregelungen der Zusammenhalt gewachsen ist. Alle achten aufeinander und unterstützen sich. Das war zwar schon immer so, ist aber jetzt nochmal deutlich ausgeprägter zu spüren.
Man kann schon sagen, dass wir in einer gewissen Art und Weise stolz darauf sind, dass wir auch in dieser Ausnahmesituation die Produktion uneingeschränkt aufrechterhalten konnten und unsere Produkte immer pünktlich erschienen sind. Das konnte nur funktionieren, dank der Unterstützung aller Bereiche im Unternehmen. Da war die Zusammenarbeit wirklich toll. Für mich ist es auch nach vielen Jahren im Druckzentrum immer noch ein besonderer Moment, wenn der erste Andruck eine Tageszeitung die Maschine verlässt.